Rhesos
Inhalt
Es ist die Nacht, die für Hektor und seine Trojaner viel zu früh hereingebrochen war. Die Achäer schienen beinahe besiegt, das feindliche Lager fast erobert, als die Sonne unterging und Agamemnons Krieger rettete. Da Hektor fürchtet, die Achäer könnte die Dunkelheit nutzen, sich mit den Schiffen davonzumachen, um einer vernichtenden Niederlage zu entkommen, lässt er sein Heer mitsamt den Verbündeten nicht wie üblich nach Troja zurückkehren, sondern in der Ebene, unweit dem Schiffslager der Feinde übernachten. Zur besseren Kontrolle der Achäer wird ein Späher ausgesandt: Dolon.
Doch dieser gerät in die Hände von Odysseus und Diomedes, die ihrerseits ähnliches vorhatten, nämlich den Feind auszuspionieren. Von Dolon erfahren sie Losung und Lagereinteilung und das lässt die beiden einen dreisten Plan fassen: die Ermordung trojanischer Heerführer, insbesonders Hektor und Paris. Freilich entspricht das nicht dem Willen der Götter, und Athene verweist sie auf ein anderes, ebenfalls lohnendes Ziel: Rhesos, der Thrakerkönig, der mit seinem ansehnlichen Heer ebenerst als Verbündeter Trojas ins Lager gekommen ist.
Der Inhalt des Stücks ist dem 10. Buch der Ilias entnommen, der sogenannten "Dolonie" – die als spätere Einfügung in Homers Epos gilt –, nur die Perspektive hat gewechselt. Bis auf Einzelheiten – wie beispielsweise das Vorhaben von Odysseus und Diomedes, Hektor zu ermorden – entsprechen Handlung und Motive recht genau der Vorlage.
Hintergrund
Schon in der Antike war heftig daran gezweifelt worden, dass diese Tragödie tatsächlich von Euripides stammte, wenngleich bezeugt ist, dass Euripides eine Tragödie dieses Namens geschrieben hat. Bis heute ist dieser Streit nicht endgültig entschieden.
Nach vorherrschender Meinung könnte dieses Stück an die Stelle der verlorengegangenen "echten" Tragödie überliefert worden sein. Vorallem die Handlung, eher ein spannendes Abenteuer als tragödische Schicksalsverwicklungen, lässt vermuten, das vorliegende Werk sei eher im 4. als im 5. Jahrhundert geschrieben worden ist. Der euripideische Stil hilft bei der Frage nach dem Ursprung kaum weiter, schließlich war Euripides das große Vorbild der nachfolgenden Generationen von Tragödiendichtern.
Mythos
Vorgeschichte: siehe Ilias
Weiterer Verlauf: siehe Ilias und Odyssee
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