Politik braucht ein Gewissen

Klingt wie ein Wahlkampf-Slogan? Ist es auch. Lustigerweise gleich von zwei Parteien. Und da nur diese beiden Parteien – die SPÖ und die ÖVP – eine/n Kandidatin/Kandidaten ins Rennen um den Bundespräsidenten schicken, ist »Politik braucht ein Gewissen« gleichsam der Slagan dieses Wahlkampfs. Vorerst.

Und das soll so passiert sein: Die SPÖ inserierte den Slogan in einigen Tageszeitungen ohne weiteren Hinweis. Der Wahlkampfleiter der ÖVP las, dachte: »Eine wunderbare Aussage!« (nach eigener, späterer Aussage) und lies daraufhin inserieren: »Politik braucht ein Gewissen. Benita Ferrero-Waldner.«, ehe die SPÖ ihren Zusatz »Heinz Fischer« publizierte. Die SPÖ schäumt vor Wut, die ÖVP meint: »Ja, wer konnte denn wissen ...?«

Dass ein Wahlkampfslogan so rasch von den Wahlkämpfern persifliert wird, ist doch eher neu. In Wahlkampfzeiten fliegen die "No-Na"-Slogans besonders tief und das Wahlvolk wird mit banalsten, "politischen" Aussagen bombardiert. Was hatten wir nicht schon alles zu hören bekommen: »Macht braucht Kontrolle«, ... Den Plattheiten sind keinerlei Grenzen gesetzt. Und immer wieder glaubt man, das könnte nicht mehr unterboten werden. Denkste.

(Lustig und originell ist freilich die Tatsache, dass nun das vereinbarte "Schiedgericht" darüber entscheiden soll, ob das "Fairness-Abkommen", das zu Beginn des Wahlkampfes geschlossen wurde, gebrochen wurde. Was es nicht alles in Österreich gibt!)

Um nur ja niemanden zu vergrämen, glauben sich die KandidatInnen gezwungen, sich (in Wahlkampfzeiten) zu erniedrigen, allen (nur die Konkurrenz ausgenommen) Recht zu geben und alle "Ecken und Kanten" wie auch das Rückgrat zu Hause zu lassen. Unlängst hat Fr. Ferrero-Waldner sogar behauptet, sie fände DJ Ötzis Musik gut – könne nur momentan keinen Titel nennen. ;-)

Wie erholt man sich eigentlich von solchen Aussagen? Verprügelt man – freilich abseits von Medien und Öffentlichkeit – den Wahlkampfleiter oder den Redenschreiber? Gibt’s für solche Härtefälle eine große Schnapsflasche im Büro? Geht man tief in den Wald und schreit sich dort den Frust aus der Seele?

Und welche Drogen nehmen die Leute, die solche Slogans gebären, den KandidatInnen solche Aussagen in den Mund legen? Ist’s wirklich nur die Beste, das Geld? Zweifelhaft, will ich meinen.

Aber was muss man eingenommen haben, um ernsthaft und öffentlich zu behaupten, der Slogan »Politik braucht ein Gewissen« sei »eine wunderbare Aussage«?

Werte Politiker, Wahlkampfleiter, Redenschreiber, PR-Verantwortliche usw.: Ich will KandidatInnen mit Ecken und Kanten!! Ich will eure KandidatInnen weder heiraten noch adoptieren! Welche Lieblingsfarben sie haben, ist mir gänzlich egal. Ich will sie politisch einschätzen können! (Wahrscheinlich ist das das Problem.)

Ich habe jedenfalls die Nase voll von Slogans, die genauso gut aus dem Mund einer Kandidatin für Schönheitswettbewerbe oder dem Playmate des Monats stammen können: »Mir ist die Umwelt ganz toll wichtig. Und die Menschen. Und der Weltfriede. Und die Tiere. ...« – Ja, danke. Eh lieb. Baba.

Und heiter geht’s weiter: Benitas Kampfansagen vom 20.3.2004

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26.2.2004
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