Terry Pratchett

Pyramiden
Originaltitel: Pyramids (1989)

Inhalt

Einst war Djelibeby ein mächtiges Reich auf der Scheibenwelt. Nun, 7000 Jahre später, ist es auf einen schmalen Landstreifen beiderseits des schlammigen Flusses Djel reduziert, eingekeilt zwischen seinen mächtigen Nachbarn Tsort und Ephebe, und übersäat mit den unzähligen Pyramiden seiner Pharaonen, deren magische Entladungen den nächtlichen Himmel färben … und deren Baukosten die Schulden des Staates jedes Mal weiter in die Höhe treiben.
Seine 7000 Jahre Geschichte sind in Djelibeby allerorts förmlich spürbar. Religion und Tradition sind alles, der Fortschritt wird ebenso höflich wie bestimmt fern gehalten – vorallem unter der Aufsicht des uralten Hohepriesters Dios.

Pharao Teppicymon XXVII. schickt daher seinen Sohn Teppic in die Ferne, in das beste Bildungsinstitut auf der Scheibenwelt: die Schule der Assassinen in Ankh-Morpork.

Der hagere Professor Krux, Erster Tutor der Gilde, blickte auf seine Schüler herab.
"Wir morden nicht", sagte er. Der Professor sprach immer sanft, aber seine Stimme klang irgendwie durchdringend und konnte selbst das Heulen eines Orkans übertönen.
"Wir nehmen nicht an Hinrichtungen teil. Ebensowenig an Massakern. Das Foltern – in diesem Punkt könnt ihr ganz sicher sein – überlassen wir anderen. Niemand von uns befleckt sein Gewissen mit Verbrechen der Leidenschaft oder Hasses. Profitgier ist uns fremd. Wir inhumieren nicht, weil wir Gefallen daran finden oder für eine Sache eintreten. Es geht uns keineswegs darum, irgendwelche Vorteile zu erringen. Um es noch einmal zu betonen: Derartige Motive sind in höchstem Maße verdächtig. Wenn ihr jemandem ins Gesicht seht, der bereit ist, für eine Sache zu töten, so riechen eure Nasen zweifellos den Geruch des Abscheus. Solltet ihr jemals Gelegenheit bekommen, eine flammende Rede zu hören, die einen Heiligen Krieg beschwört, so nehmen eure Ohren gewiß das heisere Krächzen des Unheils wahr, während der Schuppenschwanz des Verhängnisses über die Reinheit der Sprache kratzt.
Nein, wir inhumieren, weil man uns dafür bezahlt.
Und da gerade wir über den Wert des menschlichen Lebens Bescheid wissen, ist es nur angemessen, daß man uns gut bezahlt.
Gibt es ein besseres Motiv, das auf jede Heuchelei verzichtet?
Nullus totus ohne monetus. So heißt unser wichtigster Grundsatz. Vergeßt das nicht. Ohne Geld muß niemand dran glauben."
Professor Krux legte eine kurze Pause ein.
"Und stellt immer eine Quittung aus", fügte er hinzu. — Terry Pretchett: Pyramiden [in: Schlamassel auf der Scheibenwelt], S. 53f. (Ü: Andreas Brandhorst)

Teppic findet Gefallen an der Modernität, vorallem in Form von Betten und Toiletten. Auch die Assassinen-Ausbildung liegt ihm sehr. Wenn nur nicht diese Sache mit dem Inhumieren wäre. Trotz seiner Abneigung gegen das Töten gelingt es ihm, die Abschlussprüfung zu bestehen. Durch Zufall.

Aber kaum dass Teppic und seine Freunde die Schule abgeschlossen haben, wird Pharao Teppicymon XXVII. Opfer seiner Sehnsucht nach einem Möven-Dasein.
Teppic braucht keine Nachricht vom Tod des Vaters. Unwillkürlich macht sich sein Körper auf, ins Land seiner Vorväter zurückzukehren und die Nachfolge anzutreten.

Mit der Herrschaft in Djelibeby ist das jedoch so eine spezielle Sache. Zwar ist der Pharao formell uneingeschränkter Herrscher, doch in Wahrheit regelt und bestimmt der alte Dios alles – wortreich wie trickreich.
Das muss Teppic bereits bei der Frage des Begräbnisses seines Vaters feststellen. Der verstorbene Pharao hatte Pyramiden immer abgelehnt – für Dios kein Grund mit der Tradition zu brechen.

"Nun, ich möchte Ihnen keineswegs zu nahe treten", entgegenete Teppic. "Ich weiß natürlich, daß Sie es gut meinen, aber, äh, in diesem Zusammenhang drückte sich mein Vater sehr klar aus …"
"Ich meine es gut?" fragte Dios und drehte jedes einzelne Wort wie eine bittere Frucht im Mund herum. Ptaclusp räusperte sich leise, beendete die Beobachtung des Bodens und begann mit der Decke.
Dios ächzte. "Gebieter", sagte er, "wir haben immer Pyramiden gebaut. Alle Pharaonen sind in Pyramiden aufgebahrt. So ist es bei uns Brauch. Und so wird es auch Brauch bleiben."
"Ja, aber …"
"In dieser Hinsicht erübrigen sich Diskussionen", fuhr Dios fort. "Wer sollte sich etwas anderes wünschen? Kompetentes Geschick, das die Entweihungen der Zeit fernhält …" Jemand zog den geölten Samt aus der Stimme, schob stählerne Rüstungsplatten und außerordentlich spitze Speere hinein. "Bis in alle Ewigkeit vor den Unbilden des Wandels geschützt …"— Terry Pretchett: Pyramiden [in: Schlamassel auf der Scheibenwelt], S. 94. (Ü: Andreas Brandhorst)

In Gegenwart des Pyramidenbauers Ptaclusps versucht Teppic das Gesicht zu wahren, obwohl er sich offensichtlich nicht gegen Dios durchsetzen kann.

"Eine Pyramide, wie man sie an den Ufern des Djel noch nie zuvor gesehen hat", sagte Dios. "So lautet der königliche Befehl. Es ist nur recht und billig."
Billig wohl kaum, dachte Teppic.
"Ja, ja, etwas in der Art", erwiderte er. "Äh. Zweimal die normale Größe", fügte er verzweifelt hinzu und stellte zufrieden fest, daß er Dios für den Bruchteil einer Sekunde aus der Fassung brachte.
"Gebieter?"
"Es ist nur recht und billig", sagte Teppic.
Der Hohepriester setzte zu einem Einwand an, bemerkte Teppics Gesichtsausdruck und klappte den Mund wieder zu.
Ptaclusp schrieb eifrig, und sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. Eine solche Chance bekam man nur einmal in seinem Berufsleben. — Terry Pretchett: Pyramiden [in: Schlamassel auf der Scheibenwelt], S. 95f. (Ü: Andreas Brandhorst)

Der Bau der immensen Pyramide erweist sich als fataler Fehler: Kurz vor der Fertigstellung bewirkten die gewaltigen Mengen an Magie eine Dimensionenverschiebung, die Djelibeby von der Scheibenwelt verschwinden lässt.
Während in Djelibeby die uralten Götter und alle verstorbenen Pharaonen erscheinen und Chaos verbreiten, rüsten sich die Großreiche Tsort und Ephebe zum Krieg, nun da sie mit einem Schlag direkte Nachbarn geworden sind.

Aber Teppic hat rechtzeitig Djelibeby verlassen. Der junge Pharao hat dank seiner Assassinen-Ausbildung die junge schöne Ptraci, ein Lieblingsdienstmädchen seines Vaters, aus dem Gefängnis befreit und außer Landes gebracht, um sie vor ihrer Hinrichtung zu bewahren.
Und für diese Flucht nach Ephebe hat Teppic ausgerechnet nach Du Mistvieh gegriffen. Was niemand ahnt: das Kamel Du Mistvieh ist das größte mathematische Genie auf der ganzen Scheibenwelt.

Kritik

Eine aberwitzige Fantasy-Geschichte, die mit zahlreichen – nicht nur ägyptischen, sondern auch griechischen – Elementen der Antike spielt und persifliert. Allein schon die von Tsort und Ephebe beiderseits angewandte Taktik des Hölzernen Pferdes ist zum Niederknien.

Die Scheibenwelt-Romane:

 

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20. Mai 2010 / 2014

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