Das Ende des Papiers?
Das Internet und das papierlose Büro,
das Ende des gedruckten Buches
und der Untergang der Kultur.

Seit dem Beginn des "Computerzeitalters" und erst recht seit vermeindlich alles im Internet zu finden ist, verkünden selbsternannte Propheten immer wieder das "papierlose" Büro, das Ende des Buches und vorallem in Verbindung mit letzterem den "Untergang der Kultur". Wieder einmal und wohl auch nicht zum letzten Mal.

Das papierlose Büro?

Was das "papierlose Büro" betrifft, sollte eigentlich allen, die eines haben oder in einem arbeiten, mittlerweile klar sein: Das Gegenteil ist der Fall. Zwar wird so ziemlich alles in den Computer eingegeben, was auch nur irgendwie wichtig scheint, ist oder irgendwann einmal wichtig sein könnte. Aber dann passiert etwas interessantes: jede(r) druckt das elektronisch Erfasste aus. Und zwar alles. Auch die Bestätigung für die Bestätigung von irgendwas. Natürlich druckt man ja immer mindestens eine Seite.

Wo man einst eine handschriftliche Notiz auf "seiner" Ausgabe eines Dokuments gemacht hat, legt man jetzt ein A4-Blatt ab, auf dem praktisch dasselbe steht. Und zur Sicherheit werden auch gleich alle Entwürfe und der gesamte – durch E-Mail stark gestiegene – Schriftverkehr dazu ausgedruckt und –mehr oder weniger – säuberlich in Ordner abgelegt. Und zwar jede/r für sich. Das Meiste bleibt dann auch für immer dort, denn irgendetwas wieder zu finden, ist am Computer leichter als in kilometerlangen Regalen voller Ordner mit kryptischen Kurzbezeichnungen. Aber offenbar misstrauen die meisten dem Computer, ihren Computerkenntnissen und/oder dem für die Datensicherung Verantwortlichen. Ob sich das so bald ändern wird?

Das Ende des gedruckten Buches?

Und das gedruckte Buch? Gleich zu Beginn des Internet-Hype gab es Bemühungen das gedruckte Buch durch ein elektronisches zu ersetzen; immerhin fürchteten nicht wenige, dass das Internet über kurz oder lang, das gedruckte Wort langfristig gänzlich zu ersetzen.

Schon ’mal die »Ilias« (nur) am Bildschirm gelesen? Ein Buch ist mehr als eine längere Aufeinanderfolge von Buchstaben und Bildern. E-Mails und einzelne Artikel am Bildschirm zu lesen ist kein Problem, bei einer Artikel-Serie wird’s bald schwieriger … und eine ganze Tageszeitung? Eine Druckausgabe liest man anders als die Online-Ausgabe der Zeitung. Das gilt auch für Magazine und erst recht für Bücher.

Das Ende der Kultur?

Tatsache ist, dass Bücher wieder "in" sind. Es wird gelesen! Und das ist zu einem nicht unbeträchtlichen Teil auch dem Internet zu verdanken. Auch dem Online-Vertrieb von Büchern. Man ist an keine Ladenöffnungszeiten gebunden, muss an keiner Kassa Schlange stehen und das Erworbene nicht nach Hause schleppen – krasses Beispiel: Weihnachten.

Zwei Aspekte der Internetnutzung liegen immer noch weit voran: Informationen sammeln und E-Mail-Verkehr, kurz: Lesen und Schreiben. Mag sein, dass vieles im Web weder die eine noch die andere Bezeichnung wirklich verdient. Aber Millionen Menschen, die sich sonst nur vom TV-Gerät berieseln lassen und bestenfalls verbal kommunizieren würden, bemühen sich jetzt nahezu täglich, ihre Gedanken in Buchstaben (und Symbole) zu fassen.

Nicht zu vergessen sei auch der Beitrag des Internets zur Allgemeinbildung. Im Nun verfügt jede(r) Internetnutzer(in) über Informationen, die er/sie bestenfalls aus teuren Nachschlagewerken oder ähnlich schnell unaktuellen Print-Produkten beziehen könnte. Natürlich ist unter den Informationen aus dem Web eine Menge Müll (wie auch in gedruckten Medien). Ist das Internet dafür verantwortlich? Zur Erinnerung: Das Internet ist die Verbindung zwischen Computern, d.h. zwischen Menschen, die vor diesen sitzen. Für den Müll verantwortlich sind Werbe-Futzis, PR-Abteilungen, Abzocker, Scharlatane, … Für die Trennung Wichtig/Richtig oder Müll ist der Konsument/Rezipient verantwortlich. Man darf auch sonst nicht alles glauben.

Das Schöne am Internet ist, dass es jeder (im gesetzlichen Rahmen) für seine Zwecke nutzen kann. Manche – meist Internet-Fremde – eben auch, um ihren generellen Kulturpessimismus raushängen zu lassen.

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11.9.2004

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