Publius Terentius Afer

Die Brüder
Adelphoe

Komödie nach der Vorlage Dyskolos [Die Brüder] von Menander, erstmals aufgeführt an den Leichenspielen für Aemilius Paulus 160 v.Chr.

Inhalt

Der Athener Micio und sein Bruder Demea sind grundverschieden: Demea ist mürrisch, sittenstreng, knausrig, verheiratet, hat zwei Söhne – Aeschinus und Ctesipho – und lebt am Land. Micio hingegen ist unverheiratet, fröhlich und freundlich, wohlhabend und lebt in der Stadt.
Seinen Neffen Aeschinus hatte Micio bereits als kleines Kind adoptiert und ist somit auch für dessen Erziehung verantwortlich geworden. Auch hier unterscheiden sich Micio und Demea: Während Demea seinen Sohn Ctesipho ganz nach seinen Vorstellungen erzieht, lässt Micio Aeschinus sehr viele Freiheiten und hat Verständnis für den Übermut des Heranwachsenden.

Micio: Ein rechter Vater wird seinen Sohn daran gewöhnen, eher aus eigenem Antrieb recht zu handeln als aus Furcht vor andern. Darin unterscheidet sich ein Vater vom Gewaltherrn über Sklaven. Wer das nicht kann, muß seine Unfähigkeit als Erzieher eingestehen. — Terenz, Adelphoe 74ff. (Ü: Herbert Rädle)

Eines Nachts/Morgens stürmt Aeschinus das Haus des Kupplers Sannio und entführt diesem die Psalterspielerin (psaltria) Bacchis. [Diese Szene entnahm Terenz einem Stück des Diphilos, wie er selbst im Prolog angibt]. Der Vorfall spricht sich rasch herum, doch Micio erfährt es erst von seinem Bruder Demea, der dies der schlechten Erziehung Aeschinus’ zuschreibt und Micio deshalb Vorhaltungen macht.
Auch Pamphila und deren Mutter Sostrata, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mucio wohnen, hören mit Entsetzen von dieser Tat des Aeschinus: Pamphila ist im neunten Monat schwanger – von Aeschinus, der ihr die Ehe versprochen hat. Da sich Aeschinus nun offensichtlich für eine andere entschieden hat, lässt Sostrata Hegio holen, den besten Freund ihres verstorbenen Mannes holen, um die Sache vor Gericht zu bringen (Frauen benötigten nach attischem Recht einen männlichen Vertreter vor Gericht).

Doch Aeschinus hat Bacchis nicht nur mit, sondern auch für Ctesipho entführt. Er hat seinem Bruder, der über kein Geld verfügt, geholfen, denn Sannio war nicht bereit, Bacchis zu verkaufen. Und Aeschinus hatte sich bislang nur nicht getraut, seinem Vater von seinen Hochzeitsabsichten zu erzählen. Zwar kann er sich mit Sannio einigen – er bezahlt ihm Bacchis zum Einkaufspreis –, aber aus Rücksicht auf Ctesipho und dessen Angst vorm strengen Vater kann Aeschinus die Umstände nicht offenlegen.

Zu Aeschinus’ Glück lässt sich Micio nicht so leicht aus der Ruhe bringen und an Aeschinus zweifeln. Bevor Aeschinus ihm beichten kann, hat Micio die wahren Gründe erfahren. Als Denkzettel (in erzieherischem Sinne) führt Micio Aeschinus vor Augen, wie die Sache durchaus auch hätte ausgehen können: Pamphila müsse ihren Nächstverwandten heiraten und zu diesem Zwecke auf dem Weg nach Milet. Da bereut Aeschinus, so wenig Vertrauen zum Vater gehabt zu haben.

Demea – noch ohne Kenntnis der Hintergründe – hingegen entlarvt seine Sittenstrenge als reine Scheinmoral, wenn er Micio vorhält:

Demea: Was tun? Wenn dich [Micio] die Sache selbst nicht kränkt, mußt du als Mensch doch wenigstens so tun als ob. — Terenz, Adelphoe 733f.

Schließlich fügt sich Demea nicht nur den Tatsachen, sondern zieht daraus seine Lehren. Er erkennt, dass seine (übertriebene) Strenge und Unfreundlichkeit und seine "Jagd nach Geld" ihn zu einem unbeliebten, ja verhassten Menschen gemacht haben, der zudem nichts vom Leben hatte; und einen Vater, den die Söhne (aus Angst) fürchten, aber nicht lieben und vertrauen.

Demea: … denn mein hartes Leben, das ich bisher führte, geb ich, nun schon so nah am Ziele, auf. Und warum dies? Das Leben lehrte mich, daß für den Menschen es nichts Besseres gibt als Aufgeschlossenheit und Güte. — Terenz, Adelphoe 859ff.

Der eigentliche Schluss des Stückes dürfte – so wird jedenfalls meist angenommen – eine "Erweiterung" des griechischen Originals durch Terenz sein, ein Zugeständnis an das überwiegend sittenstrenge, römische Publikum, das ohnehin allem "Griechischen" äußerst misstrauisch begegnete (vgl. das spätrepublikanische Ideal Cato – s. Cicero: Laelius).

Bei der Erprobung seiner neu gefundenen "Güte" bringt Demea seinen Bruder Micio dazu, die Mauer zum Nachbarhaus einzureissen und eine Ehe mit der verwitweten Sostrata einzugehen, sowie den Sklaven Syrus und dessen Frau freizulassen. So gewinnt Demea tatsächlich (noch auf der Bühne) die Liebe seiner Söhne zurück.

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