Die Bakchen
Dt. auch: Die Mänaden
408/7 in Makedonien entstanden, posthum (406 oder später) zusammen mit Iphigenie in Aulis und Alkmeon in Korinth aufgeführt. – 1. Platz
Inhalt
Ganz Theben verehrt den neuen Gott Dionysos.
Dionysos: Ich komme, Zeus’ Sohn, hier in der Thebaier Land,
Dionysos, den gebar des Kadmos Tochter einst,
Entbunden in des Blitzstrahls Feuer: Semele.
Die Gottgestalt mit menschlicher vertauscht, bin ich
Beim Quell der Dirke und Ismenos’ Wasser hier.
Ich seh der Mutter Grab, der blitzgetroffnen, […] — Euripides: Bakchen 1ff. (Ü: Oskar Werner)
Nur König Pentheus wehrt sich gegen das wilde Treiben der Gottesverehrung. Trotz der Warnungen seines Großvaters Kadmos (dem legendären Thebengründer) und des nicht minder berühmten Sehers Teiresias befielt Pentheus, Dionysos zu verhaften:
Pentheus: […] Wenn
Ihr ihn gefaßt habt, legt in Ketten ihn und führt
Ihn her, damit den Steinigungstod er sterbe, so
Ein bittres "Bakchosfest" erleb in Theben hier! — Euripides: Bakchen 354ff.
Bei der insgeheimen Beobachtung des Bakchosfestes wird Pentheus von den rasenden Frauen (Mainaden) gefasst und zerrissen. Triumphierend bringt seine eigene Mutter Agaue Pentheus Kopf – sie hält ihn in ihrem Rasen für einen Löwen.
Mit dieser Rache am Ungläubigen bewies Bakchos seine göttliche Macht. Agaue und die am Mord beteiligten Mainaden müssen Theben verlassen. Aber auch Kadmos muss Theben verlassen – was später verschieden begründet wird – und Dionysos weissagt ihm:
Dionysos: Zur Schlange wirst du; deine Frau nimmt auch, zum Tier
Sich wandelnd, Schlangeform an, sie Harmonia, die,
Des Ares Tochter, dir, dem Menschen, Gattin ward.
Auf einem Ochsenwagen, sagt der Spruch des Zeus,
Fährst mit der Gattin du als Führer fremden Volks.
Gar viele Städte wirst du mit zahllosem Heer
Zerstören; doch wenn Loxias’ Seherstätte [Delphi] sie
Ausplündern, finden – unheilvolle – Heimkehr sie.
Dich aber und Harmonia rettet Ares, und
Im Land der Sel’gen siedelt er dein Leben an. — Euripides: Bakchen 1330ff.
Mythos
Das Stück spiegelt den Siegeszug des Dionysos wieder. Ursprünglich ein asiatischer Gott gelangt Dionysos (=Bakchos, lat.: Bacchus, "der Lärmende") und sein Kult wohl über Nordgriechenland zu den Hellenen, die – im Mythos – Theben als seinen Geburtsort nennen, weshalb diese Stadt auch später als erste galt, die diesen Zeussohn verehrte.
Kadmos war – wie seine Brüder – einst von seinem Vater Agenor entsandt worden, seine Schwester Europa zu finden, die von Zeus nach Kreta entführt worden war. Wegen der vergeblichen Suche kehrte Kadmos nicht in die Heimat (Tyros) zurück, sondern gründete die Stadt Theben, genauer gesagt die "Kadmeia", die Burg von Theben. Seine Person ist aber auch mit Illyrien verbunden, worauf sich die Prophezeiung des Dionysos in Euripides’ »Bakchen« beziehen dürfte – siehe Herodot Historien (9,42f.).
Vorgeschichte:
- Die wundersame Geburt des Dionysos: siehe Lukianos Göttergespräche (A9)
- Kindheit des Dionysos (von Nymphen aufgezogen): siehe u.a. Homerische Hymnen, Homer Ilias und Lukianos Meergöttergespräche (B9)
- Entführung der Europe durch Zeus: u.a. in Lukianos Gespräche der Meergötter (B15), Ovid Metamorphosen (2. Buch u.ö.); als Entführung durch die Kreter gedeutet von Herodot: Historien (1,2 u.ö.)
- Kadmos’ Suche nach Harmonia und Gründung Thebens: u.a. in Euripides Fragment Kadmos, Euripides Phoinikerinnen (637ff.), Ovid Metamorphosen (3. Buch)
Berühmte Geschichten über Dionysos:
- Entführung des Dionysos durch thyrrhenische Seeräuber und ihre Strafe: siehe Homerische Hymnen
- Dionysos und Ariadne: siehe u.a. Hesiod Theogonie
- Siegeszüge und Taten des Dionysos: siehe Lukianos Göttergespräche (A18)
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