Luciano de Crescenzo:

Die Zeit und das Glück
Originaltitel: Il Tempo e la Felicità

Roman, 1998

Inhalt

Signor de Crescenzo lebt in Rom, genauer gesagt in der Via dei Fori Imperiali, ganz in der Nähe des Nerva-Forums und zahlreicher anderer Reste der Antike.

Lehne ich mich aus dem Fenster, sehe ich den Minerva-Tempel, ein Stückchen weiter rechts den Tempel des Mars Ultor und rundherum überall Säulen, Kapitelle und Marmor ohne Ende. Eines Tages überlegte ich mir dann: "Kann das eigentlich sein, dass dort drüben all die archäologischen Schätze liegen und hier, unter meinem Haus, gar nichts?" Ich beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen, kaufte mir eine Schaufel und eine Spitzhacke, und eines schönen Abends kurz vor Mitternacht begann ich mit den Ausgrabungsarbeiten. Wo? In meinem Keller natürlich. — Crescenzo: Die Zeit und das Glück (Ü: Bruno Genzler)

Aus der Idee wird Leidenschaft und die Grube immer größer. Doch um die geborgenen Überreste vergangener Zeiten einschätzen zu können, fehlt ihm das Wissen. Natürlich wagt er nicht, irgendjemanden in seine (verbotenen) Grabungsarbeiten einzuweihen.

Das ändert sich erst, als offizielle Grabungsarbeiten beim Nerva-Forum beginnen. Unter den Mitarbeitern ist eine junge Studentin: Alessia. Von ihr erhofft er sich zunächst nähere Informationen über "seine" Grabungsstelle, sie lernen einander kennen und der um etliche Jahrzehnte ältere Crescenzo fasst schließlich genügend Vertrauen, ihr von seinem "Hobby" zu erzählen. Ihrer Empörung folgt die Neugierde und schnell ist Alessia von seinem Grabungsfieber erfasst.

Eines Nachts stoßen sie auf eine Kiste. Die vermeindlichen Kohlenstücke entpuppen sich als versengte Papyrusrollen, die Alessias Verlobter Enrico fachmännisch behandelt und lesbar macht – ohne in das Unternehmen eingeweiht zu werden. Die Papyri sind – zusammengesetzt – die verloren(geglaubt)en Antwortbriefe des Lucilius auf die Epistulae morales ad Lucilium des Seneca.

Die Lektüre der Briefe des Seneca und des Lucilius ist für Luciano und Alessia Anlass, die philosophischen Themen der Briefeschreiber aus heutiger Sicht und im eigenen Umfeld zu betrachten und zu diskuttieren.

Hintergrund

Die Briefe des Lucius Annaeus Seneca sind recht frei interpretiert, die Antwortbriefe des Lucilius wie auch die Rahmenhandlung frei erfunden. Von den insgesamt rund 120 Briefen Senecas hat Luciano de Crescenzo etwa 30 ausgewählt; die Themen – Freundschaft, Reisen, Alter, Reichtum & Armut, Politik, Selbstmord, … – sind freilich zeitlose Themen, heute wie damals (und noch früher) aktuell.
Das will Luciano de Crescenzo seinen LeserInnen mitteilen. Und dass die Diskussionen rund um diese Themen kaum von heutigen unterscheiden. Er will Lust machen, die alten Philosophen, vorallem Seneca, zu lesen. (Auch wenn der Autor selbst der allzu moralisierenden Haltung Senecas teilweise wenig abgewinnen kann und ihm als "Lucilius" Kontra gibt).

Manche Menschen fürchten, dass das Glücklichsein ein fernes, ja fast unerreichbares Gut ist. Und so laufen sie ihm unablässig hinterher in der Hoffnung, etwas davon zu erhaschen, ohne zu merken, dass sie sich umso weiter davon entfernen, je verbissener sie ihm nachlaufen. Das Glück jedoch ist, wie Seneca lehrt, ein sehr nahes Gut, das in jedermanns Reichweite liegt: Man muß nur stehen bleiben, um es aufzuheben. Was mich irgendwie an eine Weisheit des göttlichen Buddha erinnert: "Es ist einfacher, glücklich zu sein, indem man eine Ameise vor dem Ertrinken rettet, als dadurch, ein Weltreich zu gründen." — Luciano de Crescenzo: Die Zeit und das Glück (Vorwort)

Die anfangs originelle Rahmenhandlung verliert in den späteren Abschnitten an Witz und verkommt zur Lehrstunde: der alte Mann erklärt der Dreiundzwanzig-Jährigen das Leben. Ein seit der Antike gerne (von alten Männern) bedientes Klischee (vgl. Cicero: Laelius oder Cicero: Cato maior). Schade, dass sich Crescenzo hier nicht hat mehr einfallen lassen. Dennoch ist das Buch eine nette Idee, um die heutige Leserschaft auf die antiken (römischen) Autoren und ihre Schriften aufmerksam zu machen.

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9.9.2005

Buchtipp – amazon

Cover Die Zeit und das Glück
Luciano de Crescenzo: Die Zeit und das Glück

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