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Helena
Schlampe oder Heilige?
Eines der bekanntesten Beispiele für verschiedene Biographien von ein und derselben Person war Helena, die Frau derentwegen der Trojanische Krieg (s.a. Priamos und Troja) geführt wurde.
Ihre Rolle varierte zwischen der einer lüsternen Frau, die mit einem schönen Mann durchbrennt, und der einer eigentlich treuen Ehefrau, die geraubt wurde, weil es die Götter so wollten oder weil sie von ihrem Entführer Paris dazu gezwungen wurde.
Entführung nach Troja
»[...], und ich stöhnte, daß einst Aphrodites Betörung
Hierher mich holte vom lieben Land meiner Heimat, so daß ich
Meine Tochter, mein Ehegemach, den Gemahl gar im Stich ließ:
Weder an Sinn noch Gestalt ist er weniger wert als ein anderer.« — Homer: Odyssee 4,261ff.
Die bekanntste Version ist – nicht zuletzt dank Homers Epen Ilias und Odyssee – jene, dass Helena unter dem Einfluß Aphrodites Paris freiwillig nach Troja folgte.
Als Motiv für diesen "üblen" Einfluss haben uns vorallem spätere Autoren das "Parisurteil"– siehe Lukianos Göttergespräche (A20) – überliefert, das bei Homer nur in Ansätzen erwähnt wird.
Entführung durch Theseus
Dass Helena als berühmte Schönheit bereits zuvor das Opfer einer Entführung gewesen war, setzt Homer bei seinen Zuhörern als bekannt voraus. Sie muss noch recht jung gewesen sein, als sie von Theseus und mit Peirithoos geraubt worden war.
Ehe sich die beide Heroen daran machten, auch noch Persephone zu entführen, ließen sie Helena in der Obhut von Theseus Mutter Aithra. Die Entführung der Persephone scheiterte, Theseus und Peirithoos wurden von Hades gefangen gehalten.
Unterdessen fanden und befreiten Kastor und Polydeukes – die Dioskuren – ihre Schwester Helena und verschleppten Aithra als Sklavin. Die Mutter des Theseus begleitete Helena auch nach Troja, wo sie von Homer erwähnt wird.
Entführung nach Ägypten
Doch es gab noch andere Versionen. Herodot berichtet in seinen Historien, was ihm (angeblich) Ägypter erzählt haben: Helena sei gar nicht in Troja gewesen. Als sie von Paris entführt wurde, wurde das Schiff, auf dem sie fuhren, nach Ägypten getrieben. Proteus, Meergott und gleichzeitig König von Ägypten, habe dann Helena in Ägypten zurückbehalten, um sie später dem rechtmäßigen Ehemann Menelaos zurückzugeben. Paris sei dann allein weitergesegelt. Die Achäer hätten ihm aber nicht geglaubt, als er sagte, Helena sei nicht in Troja. Erst nach der Zerstörung Trojas hätten Menelaos und die anderen bemerkt, dass Paris die Wahrheit gesagt hatte.
Ganz ähnlich in Euripides’ Drama Helena: dort ist von einem Wolkengebilde, das wie Helena aussah, die Rede; die Götter hatten es geformt und dieses Trugbild von Paris entführen lassen. Die richtige Helena wartete in Ägypten auf ihre Abholung – dorthin hätten die Götter sie gebracht. Auch hier wartet Helena brav und keusch auf ihren geliebten Ehemann Menelaos, damit er sie nach Hause bringt.
Parisurteil
Berühmter und/oder beliebter blieb die Version mit der entführten Helena in Troja. Dass Götter erst etwas versprechen, das sie anschließend nicht halten, erschien vielleicht manchem zu abwegig. Sicher ist das deutliche Übergewicht der homerischen Epen gegenüber den Autoren der anderen Versionen.
Aber das ursprüngliche Dilemma Helenas, sich zwischen zwei Männern, zwischen der Familie und einem Abenteuer entscheiden zu müssen, tritt in den Hintergrund.
In den Vordergrund tritt das "Parisurteil" – vgl. Lukianos Göttergespräche (A20) oder die Pantomimevorstellung in Apuleius Metamorphosen – und die Vorgeschichte von der Hochzeit der Thetis mit Peleus – siehe Lukianos Göttergespräche (A5) –, bei der Eris den goldenen Apfel warf, der zum Zankapfel der Göttinnen wird. Helena ist nur noch ein Geschenk, das kaum einen eigenen Willen hat – siehe Ovid Briefe der Heroinen (XVI. und XVII.)
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