25:3

Gestern war wieder einmal Krimiabend: CSI, Medical Detectives, Profiler. Beim Switchen (zum Vermeiden der "Kaufempfehlungen") ist mir aufgefallen, dass die Alternativen ziemlich begrenzt sind: auf vielen anderen Sendern wurde ebenfalls "ermittelt".

Nein, ich stimme jetzt nicht in den Chor derer ein, die da meinen, das Fernsehen gefährde generell das soziale Verhalten seiner Empfänger und sei überhaupt die Quelle allen Übels.

Aber dieses Channel-surfen hat mir einen Aspekt aus Michael Moores »Bowling for Columbine« in Erinnerung gerufen: dort vermutet Moore einen Zusammenhang zwischen TV-Inhalten, dadurch ausgelösten Ängsten der Zuseher, Waffenkauf & -gebrauch. Kurz gesagt: in den USA gibt es (auch) deshalb so viele Tote durch Schusswaffen (angeblich über 11.000 pro Jahr), weil seine Bürger so grosse Angst vor Verbrechen haben und diese Ängste zu einem beträchtlichen Teil vom Fernsehen ausgelöst werden.

Nun, auf den Sendern in Österreich und Deutschland fehlen etliche TV-Formate, die in den USA zum täglichen Konsum angeboten werden. Doch Mord (und Verbrechen im Allgemeinen) zählen auch in unseren Breiten zu den beliebtesten Fernseh-Inhalten.

Ein kurzer Blick in die Fernsehzeitschrift: Gestern liefen rund 25 Sendungen, deren Inhalt eindeutig mit Mord zu tun hatten. Nicht eingerechnet sind Nachrichten, Kriegs-, Action-, SF-filme, nicht-einschlägige Dokumentationen, Komödien, Talkshows, Wiederholungen u.ä. – sondern nur Krimis, Kriminalserien, "Gerichtsverhandlungen", Sendungen wie »Medical Detectives« u.ä.
Also wenigstens 25 Tote an einem Tag. Theoretisch könnte man als Zuseher den ganzen Tag mit Mordermittlungen verbringen. Hochgerechnet aufs Jahr wären das über 9000 (großteils fiktive) Mordfälle.

Dem stehen ausgewiesene 168 Morde in Österreich*) und 873 Morde in Deutschland**) im Jahr 2002 gegenüber. Das sind also weniger als 3 Morde pro Tag in Österreich und Deutschland zusammen.

25:3 – Erscheint recht hoch, oder? Ob gestern einfach nur ein spezieller "Krimi-Tag" war? Ein zweiter Blick in die Fernsehzeitschrift: Vorgestern waren waren es 29 dieser Sendungen.

Ich sehe (und lese) weiterhin ganz gerne Krimis. Und wer Angst hat, ermordet zu werden, soll sich einmal die Wahrscheinlichkeit dafür durch den Kopf gehen lassen.

Als Verkehrteilnehmer (welcher Art auch immer) hätten Sie da schon berechtigtere Befürchtungen: 2003 starben 6618 Menschen auf Deutschlands Straßen***) und in Österreich****) waren es 931. Also insgesamt: 7549 offiziell im Straßenverkehr getötete Menschen. Das sind mehr als 20 pro Tag!

Aber wann ist das schon Thema eines Films oder einer Serie?
(Da fällt mir ein, dass ich den wunderbaren Film »Les Choses de la vie« – dt.: »Die Dinge des Lebens« – gerne wieder einmal sehen würde.)

 

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*) lt. »Kriminalitätsbericht 2002«, hsg. vom Bundesministerium für Inneres (präsentiert im Juni 2003).
**) lt. »Polizeiliche Kriminalstatistik 2002« vom Bundeskriminalamt.
***) vorläufiges Ergebnis Statistisches Bundesamt Deutschland
****) lt. Statistik Austria (Statistik 2004)

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15.4.2004
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